Nachbarrecht
"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt."
(Friedrich Schiller 1759 - 1805)
Beziehungen unter Nachbarn sind nicht selten durch sehr gegensätzliche Interessen und Bedürfnisse geprägt. Kommt eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien bei Problemen bzw. Auseinandersetzungen nicht zu Stande, wird mit einer für Außenstehende vielfach nicht nachvollziehbaren Hartnäckigkeit um Grenzabstände und Grunddienstbarkeiten, um Spielplatzlärm und Grillgerüche gestritten. Tatsächlich werden nachbarrechtliche Auseinandersetzungen von den betroffenen Parteien oftmals als überaus belastend empfunden, da der höchstpersönliche Lebensbereich betroffenen ist.
Für die nachbarschaftlichen Beziehungen gilt in Nordrhein-Westfalen neben den bundeseinheitlichen Regelungen der §§ 903 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969. Ziel des Gesetzes ist es, einen gerechten Ausgleich zwischen den oft gegensätzlichen Interessen der Nachbarn zu finden. Es enthält u.a. Regelungen über Grenzabstände für Gebäude und für Pflanzen sowie zu Einfriedigungen.
Eine rechtliche Überprüfung und Bewertung der Auseinandersetzung anhand dieses komplexen und durch die Rechtsprechung stark geprägten Rechtsgebiet schafft für Sie Klarheit. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche ebenso wie bei der Abwehr gegen Sie gerichteter Ansprüche. Kommt eine einvernehmliche Regelung im außergerichtlichen Bereich nicht in Betracht, begleiten wir Sie in dem in Nordrhein-Westfalen bei Nachbarschaftsstreitigkeiten erforderlichen Schlichtungsverfahren, durch Vorschläge und Anregungen an den Schlichter und Prüfung der von dem Schlichter vorgeschlagenen Vergleichsregelung.
Ist die gerichtliche Klärung der Streitigkeiten unvermeidlich, unterstützen und begleiten wir Sie ebenso bei der Prozessführung.
"Grenzfälle"
Nachfolgend sind einige Aspekte und Beispiele aufgeführt, die immer wieder Gegenstand nachbarschaftlicher Auseinandersetzungen sind. Die Angaben sind nur insoweit verbindlich, als dass jeder Fall auf Grund seiner individuellen Besonderheiten zu prüfen ist.
Jeder Grundstückseigentümer kann das Niveau der Erdoberfläche bis zur Grundstücksgrenze erhöhen. Beeinträchtigungen des Nachbargrundstückes müssen aber gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. Aufschichtungen aus Holz, Steinen o.ä. sowie sonstige Einrichtungen, die nicht fest mit dem Grundstück verbunden sind, müssen einen Grenzabstand von 0,50 m aufweisen, wenn sie nicht höher als 2,00 m sind. Bei höheren Objekten muss der Abstand um die Größe erhöhte werden, die das Objekt 2,00 m überschreitet.
Steht auf der Grenze ein Baum, so stehen die Früchte des Baumes den Nachbarn jeweils zu 50 % zu. Wenn der Baum gefällt wird, gehört das Holz den Nachbarn ebenfalls zu jeweils 50 %. Jeder Nachbar kann im übrigen die Beseitigung des Baumes verlangen, sofern der Beseitigung umweltschutzrechtliche Vorschriften, z. B. Baumschutzsatzungen, nicht entgegen stehen.
Jeder Lärm, der Nachbarn beeinträchtigt, ist grundsätzlich zu vermeiden (vgl. BGH, NJW 1962, 1342 f.). Grillpartys müssen Nachbarn lediglich im üblichen Maß hinnehmen. Hierbei ist auf die Häufigkeit (nach herrschender Meinung höchstens 4 Mal pro Jahr) und auf die Tageszeit (bis 22.00 Uhr) abzustellen. Man hat im Rahmen des sog. „allgemeinen Persönlichkeitsrechtes“ auch keinen Anspruch darauf, einmal im Monat durch intensives Feiern die Nachtruhe seiner Nachbarn zu stören. Bei privaten Festen im Freien gilt zudem der Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme. Ab 22.00 Uhr darf im Freien nur noch in "Zimmerlautstärke" gefeiert werden. Sollten Gäste erheblichen Lärm verursachen, so wird dieser dem Gastgeber zugerechnet (vgl. LG Frankfurt am Main in NJW-RR 1990, 27). Auch bei Feiern im Haus muss auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden. Ausnahmefälle wie Hochzeiten, Silvester- oder Karnevalsfeiern rechtfertigen keine Lärmbeeinträchtigungen bis in die frühen Morgenstunden.
Grenzabstände für Pflanzen ergeben sich in NRW aus dem Nachbarrechtsgesetz für NRW. In den §§ 41 ff. Nachbarrechtsgesetz NRW finden sich die konkreten Regelungen über die Abstände einzelner Pflanzen, Sträucher und Bäume. Nach § 47 Nachbarrechtsgesetz NRW verjährt der Pflanzenbeseitigungsanspruch bei Abstandsverstößen in 6 Jahren seit der Anpflanzung.
Dringt der beim Grillen oder beim Verbrennen von Holz etc. im Freien entstehender Qualm/Rauch in die Wohn- und Schlafräume unbeteiligter Nachbarn ein, so stellt dies eine unangemessene Belästigung der Nachbarn durch verbotenes Verbrennen von Gegenständen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz LImSchG NRW dar und kann sogar durch die Ordnungsbehörden mit einem Bußgeld belegt werden. Um diesbezüglich Ärger mit seinen Nachbarn zu vermeiden, sollte man auf Gas- und Elektrogrillgeräte zurückgreifen oder entsprechende Absprachen treffen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung darf im übrigen nur einmal im Monat auf Terrassen und Balkonen gegrillt werden.
Unmittelbar an der Nachbargrenze errichtete Komposthaufen können eine unzumutbare Belästigung des Nachbarn darstellen, wenn von dem Komposthaufen Gerüche ausgehen oder sogar Ungeziefer angelockt wird. Nachbarrechtliche Abwehransprüche gegen einen errichteten Komposthaufen bestehen jedoch erst dann, wenn von diesem erhebliche Geruchsbelästigungen bzw. sonstige Belästigungen (z. B. unerwünschte Tiere etc.) ausgehen.
Bei unwesentlichen Beeinträchtigungen des eigenen Grundstücks durch Laub, Nadeln, Blütenstaub etc. vom Nachbargrundstück hat man keine Unterlassungsansprüche gegenüber dem Nachbarn. Müssen jedoch erhebliche Reinigungsarbeiten aufgrund der Beeinträchtigungen am Dach, an den Dachrinnen, auf der Terrasse oder dem Grundstück vorgenommen werden, so kann man die diesbezüglichen Kosten unter Umständen vom Nachbarn ersetzt verlangen. Man muss jedoch von dem geforderten Kostenersatz diejenigen Kosten abziehen, die bei einer unwesentlichen Beeinträchtigung ohnehin anfallen würden (vgl. BGHZ 85, 375).
Die Tierhaltung von Katzen, Hunden und sonstigen Kleintieren gehört zur üblichen Grundstücksnutzung. Nicht zur üblichen Grundstücksnutzung gehört hingegen das Halten von gefährlichen Tieren. Wird ein Hund zur Bewachung des eigenen Grundstücks eingesetzt, muss der Eigentümer dafür Sorge tragen, dass dieser nicht auf jedes Geräusch reagiert und grundlos sowie übermäßig bellt. Kräht ein Hahn früh morgens (vor 06.00 Uhr), besteht zumindest in städtische Umgebung ein Unterlassungsanspruch. Wird durch ein Tier ein Personen- oder Sachschaden verursacht, so haftet der Tierhalter für den verursachten Schaden ohne eigenes Verschulden (§ 833 BGB).
Wird die Nutzung des Nachbargrundstücks durch überhängende Äste bzw. Zweige beeinträchtigt, so kann der Nachbar die Beseitigung der Überhänge verlangen. Den bestehenden Überhang kann der Nachbar selbst beseitigen, wenn er zuvor eine Frist zur Beseitigung des Überhangs gesetzt hat. Einschränkungen können sich aus umweltschutzrechtlichen Vorschriften ergeben, z. B. Baumschutzsatzungen. Wird der Überhang ohne Fristsetzung oder vor Fristablauf entfernt, so ist die Beseitigung widerrechtlich und verpflichtet den Nachbarn ggf. zum Schadensersatz. Wird der Überhang nicht fristgemäß entfernt und beseitigt der Nachbar daraufhin den Überhang, kann er vom Grundstückseigentümer den Ersatz der ihm entstandenen Kosten verlangen. Überhängende Äste ab 5 m Höhe beeinträchtigen das Nachbargrundstück jedoch in der Regel nicht, es sei den, sie führen z. B. zu einer erheblichen Beschattung.
Dringen Wurzeln eines Baumes oder einer Pflanze von dem Nachbargrundstück auf das eigene Grundstück und beeinträchtigen dieses bzw. dessen wirtschaftliche Nutzung, so kann man die Wurzeln entfernen. Man sollte den Nachbarn jedoch vorher darüber informieren, dass man die Wurzeln abschneiden möchte bzw. diesem eine Frist zur Wurzelbeseitigung setzen. Kommt der Nachbar der Frist zur Wurzelbeseitigung nicht nach, so muss er die dann anfallenden Wurzelbeseitigungskosten tragen. Wird durch das Abschneiden der Wurzeln der Baum bzw. die Pflanze beschädigt, so trägt der Nachbar (als Eigentümer) das diesbezügliche Risiko.
Grundstückseigentümer müssen gemeinsam eine Einfriedung (Zaun, Mauer o.ä.) auf der Grundstückgrenze errichten, wenn ein Eigentümer dies wünscht. Nach § 35 Abs. 1 Nachbarrechtsgesetz NRW muss ein Gartenzaun ortsüblich sein. Lässt sich eine Ortsüblichkeit der Grundstückseinfriedung nicht feststellen, so ist eine etwa 1,20 m hohe Einfriedung zu errichten (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 Nachbarrechtsgesetz NRW).